Eine AutoStore-Anlage ist heutzutage fast schon keine Besonderheit mehr, da diese moderne Lagertechnik rasant an Bedeutung in der Intra-Logistik gewinnt und immer weiterverbreitet ist.
Trotzdem fasziniert es immer noch zuzusehen, wie die kleinen Roboter wie von Geisterhand gesteuert, quasi auf dem Dach von unzähligen Behälterstapeln, mit Ihren Behältern mit hoher Geschwindigkeit umherflitzen, ohne sich gegenseitig zu berühren oder sogar zu crashen.
Die Firma EURO-FRIWA GmbH aus Würzburg hat 2017 eine innovative AutoStore- Anlage in einem Anbau an ihrer bestehenden Logistikzentrale realisiert.
Die MPL Logistikberatung aus Gummersbach hat dabei federführend die Aufgaben der Lagerplanung, Ausschreibung und Inbetriebnahme-Unterstützung übernommen. Es war die dritte AutoStore-Anlage, bei der MPL die Realisierung begleiten konnte.
Die EURO-FRIWA GmbH ist ein Zusammenschluss von Fachgroßhändlern aus der Friseurbranche. Seit ihrer Gründung als Einkaufskooperation 1927 hat sich die EURO-FRIWA GmbH zu einem der bedeutendsten Handels- und Serviceunternehmen in der Friseur- und Kosmetikbranche entwickelt.
Auf ca. 6.000 qm hält die EURO-FRIWA GmbH ständig ca. 13.500 Artikel vorrätig. Als Vollsortimenter kann der Bedarf des professionellen Friseurs und Kosmetikers von der Kabinettchemie, über Elektroartikel und Kosmetikzubehör, bis hin zu Saloneinrichtung vollständig gedeckt werden.
Aus Würzburg werden Fachgroßhändler auf Palette (sog. Zentrallagergeschäft) und Endabnehmer per Paket (sog. Feinlogistikgeschäft) beliefert. Die Bestellung erfolgt dabei über mobile Datenerfassung oder per Katalogbestellung online. Die ca. 1.500 Pakete pro Tag werden innerhalb von 24 Stunden ausgeliefert.
In diesem Projekt war nicht nur die Realisierung des AutoStores die Aufgabe von MPL. Eine Herausforderung bestand in der Integration der AutoStore-Anlage in die bestehende Logistikanlage während des laufenden Betriebs. Das vorhandene Weiterreichsystem und der bestehende Packbereich mussten angebunden und nach Inbetriebnahme des AutoStores ebenfalls optimiert werden.
Technische Merkmale der von der Firma AM-Automation GmbH in Offenau installierten AutoStore-Anlage:
In rund 11.000 Behältern (Höhe 33 cm, maximal 16 Behälter übereinander) werden aktuell ca. 9.000 verschiedene Artikel gelagert. Die 18 AutoStore-Roboter versorgen vier Carousel Ports und zwei Conveyour Ports, die flexibel zur Kommissionierung oder zur Einlagerung von Waren genutzt werden können. So können in der AutoStore-Anlage täglich mehr als 5.000 Kommissionierpositionen im Einschichtbetrieb abgewickelt werden.
Jeder Behälter kann bei Bedarf in Fächer unterteilt werden, sodass pro Behälter bis zu acht unterschiedliche Artikel gelagert werden können.
Die Firma newline Datentechnik GmbH aus Dortmund realisierte die datentechnische Anbindung an den AutoStore-Leitrechner (AS-Controller) und dem Warenwirtschaftssystem von Euro Friwa (SAP WM) und entwickelte die Dialoge der AutoStore-Anwendung individuell anhand der EURO-FRIWA-Anforderungen, sodass die Mitarbeiter an ergonomischen Arbeitsplätzen mit Touch-Bildschirmen, pick by light und push-Buttons optimal in ihren Aufgaben geführt werden.
Wenn AutoStore die Daten der Kundenaufträge übertragen bekommen hat, beginnen die Roboter die Behälter mit den bestellten Artikeln aus den Behälterstapeln „auszugraben“ und sie in die Nähe eines Kommissionierports zu bringen. Ist der Auftrag an der Reihe, werden alle im AutoStore gelagerten Artikel/Behälter aus dem Kundenauftrag nacheinander zum Mitarbeiter an der Entnahmestation heruntergelassen, damit die bestellte Menge entnommen und in einen Zielbehälter gelegt werden kann.
Der Zielbehälter wird auf ein Förderband abgeschoben, sobald der Kundenauftrag am AutoStore fertig kommissioniert wurde. Über diese Förderstrecke läuft der Kundenbehälter aus dem eigens erstellten Anbau in den bestehenden Lagerteil. Dabei werden mittels Vertikalförderer der Hauptgang des AutoStore überquert und ein Brandschutztor durchfahren, das den Anbau von der Bestandshalle trennt.
Geschäftsführer Volker Dürrbeck (vorne) und Prokurist Oliver Hahmann bei der Inbetriebnahme der AutoStore-Anlage
In der Bestandshalle durchläuft der Zielbehälter ein Weiterreichsystem (WRS) mit 9 Bahnhöfen (9 Zonen). Wenn der Kundenauftrag einen Artikel aus einer Zone enthält, fährt die Kiste automatisch in den zugehörigen Bahnhof ein. Dort wird mittels MDE der/die benötigten Artikel kommissioniert und in den zugehörigen Behälter gelegt. Wenn der Auftrag schon nach dem AutoStore und dem ersten Gang des Weiterreichsystems fertig sein sollte, fährt die Kiste über einen neu geschaffenen Bypass direkt in den Packbereich, ohne die weiteren Kommissionierzonen durchfahren zu müssen. Dadurch wird das Fördersystem des WRS entlastet.
Durch die Installation des AutoStores konnte das vorhandene WRS gravierend umgestaltet und optimiert werden. Wo Mitarbeiter vorher weite Wege in Fachbodenregale laufen mussten und teilweise auch Förderstrecken überquert werden mussten, um an angeforderte Artikel zu gelangen, können die Mitarbeiter heute alle Artikel direkt vom Gang aus erreichen, der parallel zur Förderstrecke des Weiterreichsystems verläuft. Artikel können dabei aus Karton-Durchlaufregalen gepickt werden, die oberhalb der Förderstrecken auf den Kommissioniergang zulaufen oder Schnelldreher bzw. voluminöse Artikel vom Palettenplatz entnommen werden, der sich auf der gegenüberliegenden Gangseite befindet. Durch diese Optimierungen konnte auch die Produktivität im bestehenden Weiterreichsystem deutlich gesteigert werden.
Weiterhin konnte wertvolle zusätzliche Fläche für den Wareneingang und für die Konsolidierung der Zentrallageraufträge im Warenausgang geschaffen werden.
Langsam- und Mitteldreher des AutoStore werden bei Anlieferung im Wareneingang kontrolliert und komplett eingelagert. Bei Schnelldrehern kann eine Maximal-Menge definiert werden, die im AutoStore nicht überschritten werden sollte, um eine zu starke Belegung von Behältern durch wenige Artikel zu vermeiden. Der „Übervorrat“ dieser Artikel wird dann vom Wareneingang erst in das angrenzende Palettenlager eingelagert, um dann bei Bedarf über Nachschub-Transportaufträge in das AutoStore-Lager umgelagert zu werden.
Um eine möglichst optimale Zuordnung der Artikel zur besten Kommissionierzone zu erreichen, wurden im Vorfeld umfangreiche Simulationen durch die MPL-Logistikexperten vorgenommen. Dem neuen AutoStore-Lager wurden dabei sowohl Schnell- als auch Langsamdreher zugeordnet. Schnelldreher bewirken, dass ein hoher Anteil der Kommissionierpositionen im AutoStore abgewickelt werden, in dem dank dem Ware zum Mann – Prinzip die Produktivität „Kommissionierpositionen pro Mitarbeiter-Stunde“ höher ist, als im Weiterreichsystem. Mittel- und Langsamdreher sind aber ebenfalls im AutoStore, da hierbei durch die raumoptimierte Lagerung in gestapelten Kisten ohne Raumverlust durch Gänge diese Artikel auf einer wesentlich kleineren Fläche untergebracht werden können, als in konventionellen Fachbodenregalen im Weiterreichsystem.
Durch eine gezielte Kombination von A, B und C-Artikeln im AutoStore ergibt sich eine günstige Verteilung. Über 80 % aller täglichen Behälterzugriffe können mit weniger als 20 % der verfügbaren Behälter befriedigt werden. Dies führt dazu, dass häufig angeforderte Behälter weiter oben im AutoStore-Behälterstapel liegen und weniger Zeit zum „ausgraben“ benötigt wird. Dies schont die Roboter-Ressourcen.
Nicht-Behälterfähige Artikel werden natürlich weiterhin im WRS gelagert und kommissioniert. Darüber hinaus aber auch voluminöse Schnelldreher auf Palettenplätzen und Mitteldreher in den Karton-Durchlaufkanälen des WRS. Hier eignet sich das AutoStore weniger, da sonst durch diese Artikel ein hoher Behälterverbrauch und ein hoher Einlagerungsaufwand entsteht, der die höhere Produktivität in der Kommissionierung kompensieren könnte.
Ein weiterer Vorteil des AutoStore-Systems liegt für EURO-FRIWA in der Tatsache, dass nun wieder Lagermöglichkeiten für zusätzliche Artikel vorhanden sind und durch die Sortimentserweiterung und durch neu geschaffene Kapazitäten im Weiterreichsystem weiteres zukünftiges Wachstum ermöglicht wird.
Dies umso mehr, da durch die Flexibilität des AutoStore-Systems in Bezug auf Kapazitätserweiterung bei Behälteranzahl, Anzahl von Kommissionierports und Anzahl eingesetzter Roboter auch die Erweiterung der nun vorhandenen AutoStore-Anlage problemlos möglich ist.
„Mit dem YellowCube bietet die Schweizerische Post eine umfassende Logistiklösung für den Distanzhandel. Das Leistungsspektrum erstreckt sich vom Wareneingang über die Lagerung und die Kommissionierung bis zur Verpackung, einem raschen Versand und dem Retourenmanagement.“
So titelt die Schweizerische Post auf Ihrer Internetseite „http://www.yellowcube.ch“
Der YellowCube ist also mehr als eine Intra-Logistik-Lösung und nennt sich unter anderem auch so, weil das Lager im schweizerischen Oftringen von außen einem großen gelben Würfel ähnelt.
Herzstück der gesamten Anlage ist aber auch hier wieder eine AutoStore-Anlage mit folgenden Kennzahlen:
Anzahl Behälter: 32.000
Anzahl Roboter: 35
Anzahl Ports : 10
WMS : SAP EWM
Auch die Roboter wurden im klassischen Post Gelb gehalten :
Mario Pojer von MPL Logistikberatung hat die Schweizer Post in diesem Projekt mit folgenden Tätigkeiten unterstützt :
- Konzeptplanung Autostore und Gesamtlager
- Wirtschaftlichkeitsberechnung
- Erstellung von Lastenheften und blue prints
- Prozessdesign für die SAP EWM Anwendung
- Testmanagement
- Einführungsunterstützung
Die Schweizer Post tritt hier als Logistikdienstleister auf und übernimmt für Internetshops und Distanzhändler alle Prozessschritte vom Wareneingang und der Lagerung über das Kommissionieren und das Packen der Pakete bis hin zum Versand und weiteren vielfältigen Zusatzleistungen wie z.B. dem Retourenmanagement. Auch eine online-Daten-Anbindung der Internet-shops an das Warehousemanagement-System des YellowCube ist nun möglich.
Eine detaillierte Darstellungen der Leistung des YellowCube gibt es hier:
Die Herausforderung in diesem Projekt bestand also in dem komplett neuen Prozessdesign von end to end Prozessen, also Bereichsübergreifend von der Kundenbestellung über die Auftragsabwicklung bis zur Rechnungsbegleichung und dies auch für kleinere und mittlere Versandhändler.
Die automatische Abwicklung der Einlagerungen und die automatisiere Kommissionierung mit Hilfe von Roboterfahrzeugen des AutoStore unterstützt dabei die Idee beschleunigter Logistikprozesse und einer dadurch möglichen Auslieferung am Folgetag der Bestellung, selbst wenn diese erst um 17:30 Uhr in das Auftragsabwicklungssystem vom YellowCube gelangt.
Die für ein AutoStore-System nahezu perfekte lichte Höhe des YellowCube Lagers in Oftringen erlaubt es, bis zu 16 der AutoStore-Kisten befüllt mit Ware übereinander zu stapeln. Die mit Greifern und einem Liftsystem ausgestatteten AutoStoreroboter holen die Waren aus dem Lagergerüst, in dem die Kunststoffbehälter platzsparend und ohne jegliche Zwischenräume aufeinander gestapelt sind. An den Arbeitsstationen, den sogenannten ports, können dann die bestellten Waren aus dem Behälter entnommen werden. So wird Paket für Paket für die Endkunden gepackt. Die Auslieferung erfolgt dann über die leistungsfähigen Paketzentren der Schweizerischen Post.
Die Schweizer Post hat einen sehr interessanten Zeitraffer vom Aufbau der AutoStore Anlage gedreht. (Hier - Unter Leistung und Nutzen).
Ebenfalls hat die Schweizerische Post ein sehr interessantes YouTube Video zum Thema AutoStore: